59. Grimme-Preis 2023

Demokratie und Integration durch Fernsehen

Maren Kroymann (Besondere Ehrung des DVV). Foto: Georg Jorczyk / Grimme-Institut [Weitere Fotos am Ende dieser Seite]

Es gibt Grund zur Freude – trotz eines durchwachsenen Fernsehjahres. Am Dienstag, den 21. März 2023, wurden im Filmhaus Köln die Preisträger*innen des 59. Grimme-Preises bekanntgegeben, der am 21. April in Marl verliehen wird. Moderatorin Jenni Zylka führte erneut durch die Pressekonferenz. 

Grimme-Direktorin Dr. Frauke Gerlach hob zum Auftakt die Themenvielfalt hervor, die durch die Produktionen abgebildet werde, obwohl der russische Krieg in der Ukraine die Nachrichtenlage dominiere. Dabei nahm sie auf die Diskussion um die öffentlich-rechtlichen Medien Bezug und lobte vor allem die Förderung von Demokratie und Integration vieler Formate. „Die demokratiesichernde Funktion und der Auftrag der Öffentlich-Rechtlichen muss im Mittelpunkt von Reformen stehen“, bekräftigte Gerlach. 

Mut zum Experimentieren

Froh über ihren Preis zeigten sich auch Georg Heil und Lisa Wandt, die stellvertretend für die Redaktion des Politmagazins „Kontraste“ den Preis für die Besondere Journalistische Leistung entgegennahmen, der ihre kontinuierlichen investigativen Recherchen zu Randthemen des Rechtsextremismus würdigt. „Der Grimme-Preis gibt uns Rückenstärkung, über die wir uns sehr freuen“, so Redaktionsleiter Heil. 

„Ein enttäuschendes Jahr“, bilanzierte hingegen die Juryvorsitzende der Kategorie Kinder & Jugend, Sandra Das, denn filmisch und inhaltlich werde wenig experimentiert. Mit dem Sandmann ist es ein Klassiker, der für einen der Lichtblicke sorgt: Anschaulich und zugänglich zeigt „Sandmann-Rahmen: Recycling-Fahrzeug“, wie Nachhaltigkeit funktioniert. Laut Stefan Schomerus, der für Buch und Regie verantwortlich war, müssten Kinder auch etwas zu sehen haben. 

Dr. Tanja Weber, Jurymitglied der Fiktion, freute sich über „großartige Auszeichnungen“. Sie hoffe jedoch, dass es zukünftig mehr Mut zu neuen Formaten und mehr Diversität gebe. Zu Gast in Köln war Regisseurin Daphne Charizani, deren Drama „Im Feuer - Zwei Schwestern“ ausgezeichnet wird. Sie betonte, wie intensiv die Recherche war, auf der die Idee des Films beruhe. 

Einen Horrorfilm, der einen lächelnd zurücklasse. So beschrieb der stellvertretende Juryvorsitzende Lukas Hoffmann die Wahl der 2022 eingerichteten Studierendenjury, die den Film „Schlaf“ auszeichnete. Sie hätten sich für einen Genrefilm entschieden, der heraussteche. Auch für das Ensemble eine Herausforderung, wie Darstellerin Gro Swantje Kohlhof offenbarte: „Es hat lange gedauert, zu erkennen, was Traum und was Realität ist. Dafür habe ich sehr oft das Drehbuch gelesen“. 

Keine Probleme, gute Produktionen zu finden, hatte die Jury der Information & Kultur. „Deutlich mehr hätten einen Preis verdient“, sagt Vorsitzende Anne Burgmer über ihre Sichtungswochen. Auch unter schwierigen Bedingungen seien Filme entstanden, die Auswirkungen großer Entwicklungen auf unser aller Leben zeigten. Die Abgrenzung der Kategorie zur Unterhaltung sei jedoch nicht immer eindeutig, so Amna Franzke, Jurymitglied. „Wo beginnt Unterhaltung und wo hört sie auf?“ – dies seien Fragen gewesen, die sie sehr beschäftigt hätten. 

„Im Lachen Erkenntnis schaffen“

Politische Haltung können auch Unterhaltungsformate zeigen, wie die gleich zweifach ausgezeichnete Produktion „Zum Schwarzwälder Hirsch – eine außergewöhnliche Küchencrew und Tim Mälzer“ demonstrierte, die den Aufbau eines inklusiven Restaurants begleitet. Regisseur Sascha Gröhl und Mentor André Dietz dankten ihrem Sender VOX, der das Projekt ergebnisoffen unterstützte. Die Mehrheitsgesellschaft müsse sich bewegen, betonte auch Franzke bezüglich des Projekts – gelten doch Menschen mit Trisomie 21 in Deutschland als „nicht ausbildungsfähig“. An sich selbst hätten sie gemerkt, wie wenig sie über Inklusion wüssten, so André Dietz, der zudem einen vierten Teil der Serie ankündigte. Die Produktion erhält neben dem Grimme-Preis auch die Auszeichnung der Publikumsjury, der Marler Gruppe. „Kein Battle von Tim Mälzer gegen einen seiner Kochkumpels, sondern gegen eine gesellschaftliche Lebenswirklichkeit von Menschen mit Down-Syndrom, die ihre Ausgrenzung in der Arbeitswelt bedeutet“, lobte die Marler Gruppe in ihrer Begründung. 

Über die Besondere Ehrung des Deutschen Volkshochschulverbandes (DVV) durfte sich Maren Kroymann freuen. Als Pionierin des deutschen Fernsehens bezeichnete sie Annegret Kramp-Karrenbauer in der Begründung des DVV. Comedy solle nicht nur auf Pointen aus sein, so Kroymann. Es gehe ihr darum, binäres und polarisierendes Denken aufzubrechen. „Ich will im Lachen Erkenntnis schaffen“. 
 

 
Dr. Frauke Gerlach (Direktorin Grimme-Institut). Foto: Georg Jorczyk / Grimme-Institut
Moderatorin Jenni Zylka. Foto: Georg Jorczyk / Grimme-Institut
Dr. Frauke Gerlach (Direktorin Grimme-Institut). Foto: Georg Jorczyk / Grimme-Institut
Sandra Das (Juryvorsitzende Kinder & Jugend). Foto: Georg Jorczyk / Grimme-Institut
Stefan Schomerus (Sandmann-Rahmen: Recycling-Fahrzeug). Foto: Georg Jorczyk / Grimme-Institut
Figuren aus „Sandmann-Rahmen: Recycling-Fahrzeug“ mit der Grimme-Preis Trophäe. Foto: Georg Jorczyk / Grimme-Institut
Dr. Tanja Weber (Jurymitglied Fiktion). Foto: Georg Jorczyk / Grimme-Institut
Dr. Tanja Weber, Daphne Charizani (Im Feuer – Zwei Schwestern) und Jenni Zylka. Foto: Georg Jorczyk / Grimme-Institut
Daphne Charizani (Im Feuer – Zwei Schwestern). Foto: Georg Jorczyk / Grimme-Institut
Lukas Hoffmann (stellv. Vorsitzender Studierendenjury), Gro Swantje Kohlhof (Schlaf) und Jenni Zylka (Moderation). Foto: Georg Jorczyk / Grimme-Institut
Gro Swantje Kohlhof (Schlaf). Foto: Georg Jorczyk / Grimme-Institut
Anne Burgmer (Juryvorsitzende Information & Kultur). Foto: Georg Jorczyk / Grimme-Institut
Georg Heil und Lisa Wandt (Kontraste). Foto: Georg Jorczyk / Grimme-Institut
Georg Heil und Lisa Wandt (Kontraste). Foto: Georg Jorczyk / Grimme-Institut
Amna Franzke (Juryvorsitzende Unterhaltung). Foto: Georg Jorczyk / Grimme-Institut
Amna Franzke (Juryvorsitzende Unterhaltung), André Dietz und Stefan Gröhl (Zum Schwarzwälder Hirsch – eine außergewöhnliche Küchencrew und Tim Mälzer) und Jenni Zylka (Moderation). Foto: Georg Jorczyk / Grimme-Institut
André Dietz und Stefan Gröhl (Zum Schwarzwälder Hirsch – eine außergewöhnliche Küchencrew und Tim Mälzer). Foto: Georg Jorczyk / Grimme-Institut
Maren Kroymann (Besondere Ehrung des DVV). Foto: Georg Jorczyk / Grimme-Institut
Maren Kroymann (Besondere Ehrung des DVV). Foto: Georg Jorczyk / Grimme-Institut
Maren Kroymann (Besondere Ehrung des DVV) und Helmut Zerlett (Musiker). Foto: Georg Jorczyk / Grimme-Institut
Maren Kroymann (Besondere Ehrung des DVV). Foto: Georg Jorczyk / Grimme-Institut
Maren Kroymann (Besondere Ehrung des DVV). Foto: Georg Jorczyk / Grimme-Institut
Dr. Frauke Gerlach (2.v.l.; Direktorin Grimme-Institut), Lucia Eskes (2.v.r.; Leitung Grimme-Preis) mit Preisträger:innen des 59. Grimme-Preises und Helmut Zerlett (rechts, Musiker). Foto: Georg Jorczyk / Grimme-Institut
Dr. Frauke Gerlach (Direktorin Grimme-Institut), Lucia Eskes (Leitung Grimme-Preis) mit Jenni Zylka (Moderation), Jurymitglieder, Preisträger:innen des 59. Grimme-Preises und Helmut Zerlett (Musiker). Foto: Georg Jorczyk / Grimme-Institut