Wie steht es um die „Vielfalt in den Medien?“

Medienfrauen NRW in Köln

(Marl/Köln) „Wenn Sie Karriere machen wollen in deutschen Medienunternehmen, müssen Sie offenbar in der Tat eine echte Heldenreise zurücklegen“, so Kordula Attermeyer von der Staatskanzlei NRW in ihrer Begrüßung der rund 110 Teilnehmerinnen der diesjährigen „Medienfrauen NRW“. Denn wie auf einer klassischen „Heldenreise“ gelte es, Widerstände und Widersacher zu überwinden.  

Seit Jahren verringern sich die Abstände zwischen Frauen und Männern kaum – sowohl im Hinblick auf Entlohnung als auch bei den Führungspositionen. Die Prognose der Studie „The Global Gender Gap“ (Weltwirtschaftsforums 2017), dass beim jetzigen Tempo der Verbesserungen erst in 217 Jahren Geschlechtergleichheit erreicht werden könne, kann nicht zufriedenstellen. „Keine von uns wird das noch erleben“, so Elfi Scho-Antwerpes, Bürgermeisterin der Stadt Köln in ihrer Rede. „Wenige Männer räumen ihre Plätze freiwillig. Aber zumindest für die nächste Generation müssen die Bedingungen besser werden.“  

Eine Haltung, die von der Direktorin des Grimme-Instituts, Dr. Frauke Gerlach, geteilt wird: „Wir sollten nicht darauf warten, bis uns gleicher Einfluss gewährt wird. Wir müssen lernen, zu nehmen, was uns zusteht, und uns von unserer Zurückhaltung verabschieden. Denn die wird selten mit mehr Gehalt und Wertschätzung belohnt.“

Auch heute noch gilt forderndes Auftreten oft genug als unweiblich. Liegt das an den Rollenbildern, denen wir täglich – auch über die Medien – ausgesetzt sind?

Die von Maria Furtwängler und ihrer Tochter Elisabeth gegründete MaLisa Stiftung, die sich für gesellschaftliche Vielfalt und die Überwindung ebensolcher Rollenbilder einsetzt, hat genau diese Sichtbarkeit von Frauen in den Medien untersucht. Die Projektleiterin Karin Heisecke stellte einige der Ergebnisse bei den „Medienfrauen NRW“ vor. Dazu zählten die zunehmende Unsichtbarkeit von Frauen, wenn sie älter werden, oder die Tatsache, dass Männer herangezogen werden, wenn Expertenwissen gefragt ist.

Diese und weitere Aspekte von „Vielfalt in den Medien?“ wurden im Vormittagspanel diskutiert: neben Karin Heisecke mit Anne Fromm von der taz, Annette Leiterer vom NDR-Medienmagazin ZAPP, Claudia Tieschky von der Süddeutschen Zeitung und der Autorin Jenni Zylka. Sie kommentierten die Ergebnisse der Studie besonders im Hinblick auf die Abbildung von Realität: „Man muss weibliche Vorbilder schaffen; zeigen, dass es Frauen gibt, und dies als selbstverständlich darstellen“, so Jenni Zylka. Frauen müssten aber mittlerweile auch in allen Hierarchiestufen vertreten sein. „Das ist auch ein Argument für die Quote. Sind die Redaktionssitzungen männlich besetzt, werden Männer oft bevorzugt“, sagte Anne Fromm auch im Kontext von Neuanstellungen. Annette Leiterer meinte zum Aspekt der überwiegend männlichen Experten, die in den Medien befragt werden: „Wenn wir Experten und Expertinnen suchen, erhalten wir von Frauen oft die Antwort: ‚Mit dem Thema habe ich mich nicht eingehender beschäftigt, ich kann da nicht Rede und Antwort stehen‘. Männer gehen eher das Risiko ein, dass da auch etwas schiefgehen kann.“

Die Referentinnen betonten, dass Frauen, die in der Medienbranche etwas erreichen wollen, sich trauen und ihre „Komfortzone“ verlassen müssen. „In Beziehungen können Grenzen versetzt werden. Das gilt auch für Redaktionskonferenzen“, sagte Claudia Tieschky. „Man muss lernen, auch einmal Dinge zu tun, bei denen man sich nicht wohl fühlt – wenn ein Mann sagt: ‚Ist ja gut jetzt‘, zu sagen: ‚nein, ist eben nicht gut‘.“ 

In der Schlussrunde gaben die Referentinnen dem Publikum gute Wünsche mit auf den Weg, zu Mut, Entschlossenheit, Kreativität – aber auch: “Werdet Nerds!“ – so der Rat von Jenni Zylka. „Sucht Euch ein Gebiet, auf dem Ihr Experten werdet. Und dann macht was draus.“

Am Nachmittag stehen Workshops auf dem Programm der „Medienfrauen“, um den Besucherinnen einen vertieften Einblick in verschiedene Medienberufe bzw. die Möglichkeiten zur Medienkarriere zu geben. Ein erstes „Journalistisches Schreiben“ vermittelt Christina Wandt / WAZ. Von der Notwendigkeit des „Netzwerkens und Präsentierens“ spricht Romina Stawowy von der gleichnamigen Agentur. Caroline Frank von der Kampagne „anders & gleich“ widmet sich dem Thema „Frauen und LGBT in der Gesellschaft“, Hannah Monderkamp / Rheinische Post dem „Digitalem Zuhören als Strategie“ und Brigitte Schröder, selbstständige Unternehmens- und Wirtschaftsberaterin, stellt „Perspektiven für eine Karriere in den Medien“ vor.

Eine Dokumentation des Programms wird zeitnah unter www.medienfrauen-nrw.de veröffentlicht.

Die „Medienfrauen NRW“ finden seit 2010 in Köln statt und werden vom Grimme-Institut veranstaltet. Sie werden unterstützt von der Landesregierung von Nordrhein-Westfalen. In diesem Jahr finden sie erstmals in Kooperation mit dem Grimme-Preis statt.

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Twitter: @grimme_institut / #mefrau